Ein flüchtiger Einblick in einen pervertierten  Geist. Ein genauer Blick in eine der Bars von Tromsø. Eine Studentin, auf der  Suche nach einer Abwechslung. Die junge Frau verschwindet und wird Tage später  an einem See gefunden. So beginnt Jorun Thørring ihren zweiten Kriminalroman  „Glaspuppen“ und von diesem Moment an hält sie ihre Leser gefesselt.
            
          Alles wirkte wie ein gewöhnlicher Fall.  Routinesache. Man hatte die junge Frau tot aufgefunden. Möglich, dass sie sich  das Leben genommen hatte. An einem Frühlingstag Anfang Mai war die junge  Studentin aus Tromsø verschwunden. Zwei Wochen später verschwindet wiederum  eine weitere Studentin. Auch diese Frau wird ermordet aufgefunden, doch es gibt  keinen augenfälligen Verdacht noch scheint es ein Motiv zu geben. Welchen  Zusammenhang gibt es zwischen diesen beiden Frauen? Und dann gibt es noch  diesen alten unaufgeklärten Fall vor einem Jahr. Eine junge Schwedin verschwand  ganz einfach. Als sie das letzte Mal gesehen wurde, ist sie im dicksten  Schneegestöber auf dem Weg in die Stadt gewesen. Danach war sie weg, wie vom  Erdboden verschluckt.
          
          Bei der Obduktion des ersten Opfers findet der Arzt  einen kaum sichtbaren Einstich in einem Leberfleck. Ein dünnes Röhrchen unter  der Haut enthält das Pflanzengift Rizin. Rizin, ein höchst wirksames Gift, das  eingenommen, injiziert oder in größeren Mengen eingeatmet werden muß, um zu  wirken. Dieses Gift wird aus den Samenschalen des Wunderbaumes gewonnen. Nun  scheint alles auf Mord hinzudeuten. Auch nachdem sich herausstellt, dass die  Studentin eindeutig gequält und langsam auf eine abgefeimte Art und Weise  getötet wurde.  Und es stellt sich die  Frage, ob ein Serienmörder in Tromsø aktiv ist. Tromsø, die größte Stadt im  Norden Norwegens und die Hauptstadt der Provinz Troms liegt teilweise auf dem  Festland und auf mehreren Inseln vor der Küste nördlich des Polarkreises.  Tromsø beheimatet die nördlichste Universität. Viele Hinweise führen zu dieser  Universität.
          
  Kommissar Aslak Eira ist Ende vierzig und samischer  Herkunft. Er leitet die Untersuchungen. Es ist sein erster großer Fall in  Tromsø. Eira stellt in seiner Freizeit künstliche Fliegen fürs Fliegenfischen  her. Und er ist ein wahrer Künstler, wenn es darum geht, samische Messergriffe  herzustellen. Er ist allein erziehender Vater für seinen Sohn Niilas, einen  siebzehnjährigen Gymnasiasten, der in einer Band spielt. In seiner Jugend war  Eira ein samischer politischer Aktivist und Demonstrant. Während er bei der  Osloer Polizei arbeitete, benutze keiner seine samische Herkunft gegen ihn.  Aber die Dinge liegen anders in Tromsø, wo die samischen Menschen als  Einwanderer angesehen werden und er wird dauernd an seine Abstammung erinnert.  Aber Eira führt die Ermittlungen mit fester Hand, gesunden Zweifeln und viel  Nachdenklichkeit. Aslak Eira ist als zählebiger Mensch bekannt, als einer, der  bis in alle Ewigkeit weitermacht, wenn er erst einmal eine Spur aufgenommen  hat. Er hat die irritierende Tendenz, sich festzubeißen, sich in Details zu  vertiefen und sie so lange zu drehen und zu wenden, bis sie einen Sinn ergeben.
  
  
  Der Mai so hoch im Norden, ist ein Monat, den man  versuchen muss zu überstehen. Dies meint Aslak Eira, obgleich er ansonsten sehr  fähig ist, mit Ereignissen fertig zu werden, die seinen Weg kreuzen. Tromsø im  Mai -  der Winter möchte nicht gehen und  unterbricht andauernd die vagen Versprechungen der sonnigen Tage und bringt  stürmische Attacken aus Sturm und Schneeregen mit sich. Und dieses Wetter spielt  eine nicht unerhebliche Rolle. Alle Frauen verschwinden bei sehr unfreundlichem  Wetter. Sie waren nicht für Sturm, Regen und Schnee gekleidet und wollten nach  Hause. Vertrauten darauf, dass das in einer so kleinen Stadt auf einer so  kleinen Insel ungefährlich ist. Aber er wartete. Auf sie. Er glaubte an  Zeichen. Alles war vorherbestimmt. Irgendwo in Tromsø schnappt sich der Killer  junge Studentinnen mit seinem Auto, indem er ihnen eine Heimfahrt bei  schlechtem Wetter anbietet. Was die Frauen nicht ahnen, ist, dass ihr Fahrer  andere Motive hat als sie heil und gesund nach Hause zu bringen. Frauen, die  unerreichbar, die wie Glaspuppen in einer Ausstellung sind. "Schöne  Dekorationsgegenstände, die wir bewundern sollen, aber aus respektvollem  Abstand. Denn ihr seid unerreichbar. Was für eine lächerliche Vorstellung. Ihr  seid so zerbrechlich." Und so entwickeln sich "Die Glaspuppen"  wie der Winter im Norden von Norwegen … schnell, intensiv und explosionsartig.
  
  Da verschwindet eine weitere Studentin. Eira findet  heraus, dass die jungen Frauen Nacktfotos im Internet veröffentlicht haben. Ist  dies der gemeinsame Nenner, der den Fall verbindet? Fotos, die so  unterschiedliche junge Frauen zeigten. Auf denen keine auffallenden  Gemeinsamkeiten zu entdecken waren, abgesehen von der Jugend und Schönheit der Frauen.  Vielleicht das Bedürfnis sich zu exponieren. Alle drei waren wohlgeformt und  spielten ihre Reize aus. Eira bekommt es mit einem intelligenten Mörder zu tun,  der sich mit polizeilichen Ermittlungen sehr gut auskennt. Und der versucht,  dies zu seinen Gunsten auszunutzen. Und es kommt zu einem Finale, das Eira sehr  unmittelbar trifft.
  
  Die Autorin Jorun Thørring wurde in Tromsø geboren  und sie befindet sich auf heimischen Boden, wenn sie das Studentenleben  beschreibt, das Klima und die Mentalität der Einwohnerschaft ihrer Heimatstadt.  Thørrings Sprache ist zügig und ungekünstelt und sie hat einen guten Plot  entwickelt. Mit ihren ersten beiden Büchern, hat sie sich definitiv ihren Weg  in die Elite der norwegischen Kriminalschriftsteller geschrieben. In Aslak Eira  hat Sie einen Kommissar gefunden, der wahrscheinlich ein Erfolg beim  Lesepublikum werden wird. “Die Glaspuppen“ platzieren Jorun Thørring irgendwo  zwischen Unni Lindell und Karin Fossum in der modernen norwegischen  Kriminalliteratur. Das ist kein schlechter Platz für eine Autorin, die ihr  Debüt vor einem Jahr mit "Schattenhände" gemacht hat.
Vielen Dank an Jürgen Ruckh aus Esslingen
            © August 2008 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien