Demokratie ist mehr, als alle paar Jahre einen Stimmzettel in eine  Wahlurne einzuwerfen. Demokratie ist kein Zustand, sondern ein Prozeß. In  diesem Prozeß interagieren der Staat und die Zivilgesellschaft, Kapital und  Arbeit und überhaupt alle möglichen interessengeleiteten Menschengruppen.
          
          Demokratie und das, was sie befördert und bedroht, ist das eigentliche  Thema des Krimidebüts von Niklas Ekdal, der als einer der führenden  Meinungsjournalisten Schwedens gilt. Obwohl oder vielleicht gerade weil Ekdal  weiß, daß Interessen nicht lügen – diese Marx-Paraphrase legt er einer seiner  Figuren in den Mund -, vermeidet er die Langeweile eines Programmkrimis,  sondern legt mit "Code 1658" einen hinreißend intelligenten  Politthriller vor. Ekdal gibt auf seiner Facebook-Seite das Motto  "Frieden, Freiheit, Fortschritt und Fußball für alle" aus.  Glücklicherweise hat er sich an dieses Motto gehalten, und so durchzieht  "Code 1658" ein gänzlich Skandinavien-untypischer Spaß, den er beim  Konstruieren und Schreiben des Buches offensichtlich hatte. Dieser Spaß teilt  sich der Leserin auf jeder Seite mit.
          
          
          Leider verbietet es sich, an dieser Stelle den Zusammenhang zwischen  den bestialischen Morden an sechs hochrangigen Beamten und der Tatsache, daß  ein handlicher Atomsprengkopf erstaunlich einfach an allen internationalen  Hafen- und Seekontrollen vorbei nach Schweden gelangt, zu erläutern. Die  Stichworte Staatsversagen, Inkompetenz und wahnwitzige doppelte Verschwörung  mit tiefen Wurzeln in der schwedischen Geschichte müssen genügen. Und: Ein  Zufall ist es nicht, daß die ganze Angelegenheit nicht von den  Sicherheitsapparaten aufgeklärt wird, sondern von kompetenten Frauen und  Männern aus der zivilen Gesellschaft.
          
          "Code 1658" ist nicht nur etwas für Freunde der gepflegten  Verschwörungstheorie und der Geschichte Schwedens, sondern erfreut auch Fans  des gut konstruierten Plots, einer überzeugenden Charakterzeichnung und einer  klaren, klischeefreien Sprache (Übersetzung: Susanne Dahmann). Die  historischen, politischen und ökonomischen Zusammenhänge, aus denen Niklas  Ekdal seine Verschwörung baut, sind knapp und verständlich erläutert, ohne im  Thriller wie Fremdkörper zu wirken. Kleinere Ungenauigkeiten im Text – so  erscheint der Ministerpräsident in einem Satz als Ministerpräsident und im  nächsten als Staatschef, und der Name einer Schlüsselfigur erscheint in zwei  verschiedenen Schreibweisen – sind wohl dem deutschen Verlag anzulasten und  schmälern das Lesevergnügen nicht.
          
          "Code 1658" ragt aus  der ins Deutsche übersetzten Thriller-Dutzendware weit heraus und kann neben  
"Die Wohltäter" von Nuri Kino und Jenny Nordberg  als eines der besten  skandinavischen Thrillerdebüts des Jahres 2010 gelten.
          
          
Vielen Dank an Dr. Kerstin Herbst aus Berlin
© Februar 2011 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
        
       
                  
                  
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