Bei den achten "Mülheimer Herbstblättern" besorgt Camilla 
  Läckberg die nötigen Leichen fürs Literaturfestival
 
  Mülheim/Ruhr, 2. November 2006 Wenn sich draußen allmählich 
    die Blätter in leuchtendes Rot und Orange verfärben, weiß 
    der Literaturfan, die "Mülheimer Herbstblätter" sind da. 
    Auch im achten Jahr der Veranstaltung, die Autoren, Texte und Musik in die 
    Stadtbibliothek von Mülheim an der Ruhr bringt, wird die Bücherei 
    dank schwedischer Amtshilfe zum Tatort eines grausamen Verbrechens.
    
    In der Königsschlucht von Fjällbacka hat man die Leiche einer Frau 
    entdeckt, die brutal misshandelt wurde. Doch damit nicht genug. Unter dem 
    leblosen Körper finden sich die Skelette zweier Frauen aus dem Ort, die 
    vor 25 Jahren spurlos verschwunden waren. Auch sie, das ergibt die gerichtsmedizinische 
    Untersuchung, zu Tode gefoltert. In der ausverkauften Bibliothek könnte 
    man jetzt eine Stecknadel zu Boden fallen hören. Das Publikum wartet 
    gebannt auf weitere Exkurse - oder Exzesse? - aus Camilla Läckbergs neuestem 
    auf Deutsch vorliegendem Roman "Der Prediger von Fjällbacka". 
    Was ist das eigentlich für ein Mensch, der sich solch schauerliche Morde 
    ausdenkt? Wie kommt eine solch harmlos aussehende junge Frau auf so grausame 
    Ideen? Bevor die eigenen Gedanken auf Abwege geraten können, gibt die 
    Autorin selbst die Antwort: "Ich hatte schon immer eine morbide Ader 
    und eine blühende Fantasie. Viel Fachwissen, aber auch Ideen und Anregungen 
    zu meinen Geschichten, finde ich unter anderem in einer Fachzeitschrift zur 
    Rechtsmedizin, die ich abonniert habe." 
  Wenn den Autor die Wirklichkeit einholt
  Möglichst realistisch zu sein, ist Camilla Läckberg wichtig, wie 
    sie im anschließenden Gespräch mit dem Publikum erklärt. "Mein 
    fünfter Roman, an dem ich gerade schreibe, spielt unter anderem während 
    des Zweiten Weltkrieges. Dafür habe ich einen Monat lang in Bibliotheken 
    und Archiven recherchiert, mit Menschen gesprochen. Ich wollte die Zeit fühlen, 
    wollte fühlen, wie es damals war, zu leben." Manchmal, scheint es, 
    gelingt es ihr zu gut, sich in eine andere Zeit oder andere Menschen hineinzuversetzen: 
    "Eigentlich war Bertil Mellberg, formal der Chef meiner Ermittlertruppe 
    um Patrick Hedström, als Parodie und Satire angelegt. Ich wollte übertreiben 
    und habe bei der Darstellung des Charakters bewusst überzeichnet - dachte 
    ich. Doch dann bekam ich plötzlich E-Mails und die Leute fragten mich, 
    wie ich denn ihren Kollegen so unheimlich treffend hätte skizzieren können 
    
" Ja, manchmal führten die Figuren auch ihr Eigenleben. "Ich 
    bin zuweilen erstaunt, in welche Richtung sie sich entwickeln. Dann sitze 
    ich da und denke: Schau an, so einer bist du also!'" Doch Plot, 
    Mordintrige, Mörder und Motiv werden nicht dem Zufall überlassen, 
    sondern stehen von Anfang an fest: "Ich muss genau wissen, worauf ich 
    hinaus will, damit ich dann ein paar falsche Fährten legen kann", 
    so die Autorin. 
  Mit Mord und Totschlag zum Ehrenbürger 
  Ganz zufällig werden auch die Leichen in "Der Prediger von Fjällbacka" 
    nicht in der Königsschlucht gefunden: "Die Königsschlucht ist 
    noch heute ein ganz magischer Ort für mich. Als Kindern war es uns immer 
    verboten, dort zu spielen oder ohne Erwachsene dorthin zu gehen. Umso spannender 
    wurde die Schlucht natürlich für uns Kinder. Als ich anfing, Kriminalromane 
    zu schreiben, wusste ich genau, dass ich dort einmal eine Leiche platzieren 
    wollte." Nun sind es sogar drei geworden. "Durchschnittlich ermorde 
    ich pro Buch zwei Menschen. Insgesamt habe ich jetzt acht umgebracht. Fjällbacka 
    selbst hat zwar nur 1 000 Einwohner, doch wenn ich in dem Tempo weitermache, 
    kann ich ja noch 500 Krimis schreiben, bevor ich Fjällbacka ausgelöscht 
    habe", ulkt die 32jährige. Was denken denn die Menschen von Fjällbacka, 
    wenn sie sie umbringt und den Ort zum Epizentrum des Verbrechens macht, möchte 
    das Publikum wissen. "Zugegeben, beim ersten Buch war ich etwas nervös, 
    wie sie reagieren würden. Schließlich stelle ich die Leute aus 
    Fjällbacka auch als sehr klatschsüchtig dar, doch sie haben es eigentlich 
    ganz gut aufgenommen. Im nächsten Jahr werden meine Bücher dort 
    auch verfilmt, und jetzt sind alle ganz erpicht darauf, eine Statistenrolle 
    zu erwischen", so Camilla Läckberg. Das wird sicherlich noch mehr 
    Touristen in den kleinen Ort bringen. Eine zwiespältige Angelegenheit, 
    wie die Autorin erklärt. Ursprünglich war das Dorf nahe der norwegischen 
    Grenze stark von der Fischindustrie abhängig. Das spiele heute keine 
    Rolle mehr.
    
    
  
  
     
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    Vielmehr sei der Tourismus der wirtschaftliche Motor Fjällbackas, doch 
    in den Monaten Juli und August werde der Ort von rund 50 000 bis 70 000 Touristen 
    heimgesucht. "Man braucht den Tourismus", erklärt Camilla Läckberg. 
    "Man ist auch stolz darauf, in so einem schönen Ort zu wohnen, aber 
    manchmal empfindet man es auch als Last, wenn so viele Menschen kommen." 
    Hat Camilla Läckberg ihrer Heimatstadt also einen Bärendienst erwiesen? 
    Immerhin haben die Bewohner sie 2004 zu Fjällbackas Ehrenbürgerin 
    ernannt. Es steht also auch weiterhin nicht zu befürchten, dass man um 
    Leib und Leben der Autorin fürchten muss. Und das ist auch gut so. Denn 
    am Ende der gut anderthalb Stunden sind die ausgelegten Bücher "Die 
    Eisprinzessin schläft" und der "Prediger von Fjällbacka" 
    ausverkauft und es ist klar: Mülheim will mehr Morde aus Fjällbacka!