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                  | Gretelise 
                    Holm - Foto: Patrick Zöller/schwedenkrimi.de |  |  Literaturportal schwedenkrimi.de:Spricht man in diesen Tagen über Dänemark, so ist ein Thema 
          einfach unvermeidlich -besonders, wenn man mit einer Dänin über 
          Dänemark spricht. Und so versuche ich, die Gelegenheit zu nutzen 
          und als `königslos´ aufgewachsener Ausländer vielleicht 
          ein Stückchen mehr vom Phänomen "Der gemeine Däne 
          und die königliche Familie" zu verstehen, denn die Nachfahren 
          Harald Blauzahns sind die einzigen Medienstars, deren Einschaltquoten 
          sogar noch die der Fußball-Nationalmannschaft in den Schatten 
          stellen. Also: Gretelise, woher kommt diese riesige Begeisterung über 
          das Königshaus und royale Hochzeiten, und das alles angesichts 
          der vielen Probleme wie Einschnitte ins soziale System, Arbeitslosigkeit 
          oder Integration von Ausländern, die auch in Dänemark Einzug 
          gehalten haben?
 
 Gretelise Holm:
 Das könnte ich dich ebenso gut fragen, denn ich kann es selbst 
          auch nicht verstehen. Ich finde es etwas lächerlich, denn obwohl 
          vom Königshaus heute keinerlei politische Macht mehr ausgeht, halte 
          ich es doch für ein so undemokratisches Instrument, wie man kaum 
          ein zweites finden kann. Noch dazu haben wir Soldaten in die Welt hinausgeschickt, 
          um einem anderen Land die Demokratie zu bringen. Das passt alles überhaupt 
          nicht zusammen.
 So wie ich das sehe, hat das Königtum in Dänemark viel mit 
          Tradition und Symbolik zu tun. Sieht man die königliche Familie 
          heute, fühlt man sich an die Größe und Macht erinnert, 
          die unser Land einmal gehabt hat. Zwar habe ich absolut nichts gegen 
          die einzelnen Personen, ob nun Königin, Prinzen oder Prinzessinnen, 
          halte das Ganze aber trotzdem für eine ziemlich lächerliche 
          Institution, deren einzige Legitimation darin besteht, dass sie ihre 
          Vorfahren bis weit in die Vergangenheit zurückverfolgen können.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 In deinen Büchern beschäftigst du dich mit verschiedenen gesellschaftlichen 
          Problemen. In `Die Robinson-Morde´ bilden zum Beispiel Pflegenotstand 
          und die allgemein schlechten Zustände in einem Alten- und Pflegeheim 
          teilweise den Hintergrund der Handlung. Kann man sagen, dass es Dir 
          mit deinen Büchern auch darum geht, auf soziale Probleme hinzuweisen, 
          die nicht auf den Titelseiten der Zeitungen erscheinen?
 
 Gretelise Holm:
 Natürlich will ich mit meinen Texten auch Fragen aufwerfen und 
          Diskussionsbeiträge leisten, denn gesellschaftliche Fragen und 
          Probleme sind heute wichtiger denn je. Gerade zurzeit haben wir ja bereits 
          eine ausgeprägte Debatte in den Tageszeitungen usw. darüber, 
          was wir tun sollen, wenn die Menschen immer älter und älter 
          werden und wir aufgrund der Entwicklungen im medizinischen und gentechnischen 
          Bereich bald in der Lage sein werden, Menschen bis ins Alter von 120 
          oder 130 Jahren am Leben zu halten. Und so kommt man ja so zu sagen 
          zu neuen Schwerpunkten wie zum Beispiel der Frage: Soll man auf diese 
          Weise weitermachen, und was macht man dann mit den vielen alten Menschen, 
          die ins Krankenhaus oder ins Pflegeheim müssen? Das ist alles sehr 
          erschreckend, wie ich meine, aber dennoch ein überaus wichtiges 
          Problem, zu dem man Stellung nehmen muss. Diese Diskussion habe ich 
          also in Die Robinson-Morde mit eingeflochten. Und diese führt dann 
          in einem weiteren Schritt zu der Überlegung und vielleicht zu dem 
          Postulat, dass sich die klassischen Gesellschaftsstrukturen in der Zukunft 
          auflösen, dass wir - wie vielleicht in den letzten Jahren unseres 
          Lebens im Alten- oder Pflegeheim - alle gleich sein werden. Ein weiteres 
          Thema, dass ich in Die Robinson-Morde behandele, ist das Thema Hexenjagd, 
          in der Vergangenheit ebenso wie heute, denkt man an die Anfeindungen, 
          der z. B. die Altenpflegerin ausgesetzt ist.
 
 
          
            | 
                 
                  | Bücher der Autorin 
                    Gretelise Holm |   
                  |  |  |  |  Und dann geht es auch viel um Glauben. Ich zum Beispiel 
          habe immer geglaubt, ich sei in Dänemark in eine rationale Gesellschaft 
          hineingeboren worden. Und was geschieht heute? Die Leute glauben an 
          alles und lassen sich allen möglichen Unsinn vormachen, wie zum 
          Beispiel Numerologie. Man kann den Leuten weiß machen, dass sie 
          von irgendwelchen Krankheiten geheilt werden, wenn sie ihren Namen anders 
          buchstabieren. Und sie bezahlen auch noch dafür. Eine ganze Branche 
          ist daraus entstanden.Alles in allem habe ich vielleicht versucht, die Gesellschaft mit ihren 
          Problemen auf einer kleinen Insel zusammenzufassen, in einer Art Mikrokosmos 
          abzubilden.
 So gesehen übernimmt der Krimi in meinen Büchern ein wenig 
          die Rolle als Motor für interessante und aktuelle gesellschaftliche 
          Phänomene, die unser Leben in den nächsten Jahren sehr beeinflussen 
          werden. Der Anspruch, den ich mit meinen Krimis an mich selbst stelle, 
          ist, etwas Unterhaltendes mit etwas Wesentlichem, etwas Wichtigem zu 
          verbinden und so zu versuchen, die Leser hier und da aufzurütteln, 
          sodass sie sich auf dem Weg durch den Roman noch ein paar andere Fragen 
          als "Who done it?" stellen. So geht es mir auch selbst. Am 
          liebsten lese ich etwas, das bei mir etwas auslöst, etwas in Gang 
          setzt, Gedanken und Gefühle hervorruft und Fragen aufwirft, das 
          zum Erlebnis wird. Und dafür eignet sich dieses Genre sehr gut. 
          Und außerdem ist das, glaube ich, eine für skandinavische 
          Krimis typische Eigenart.
 Aber bei allen gesellschaftskritischen Elementen soll es ja vor allem 
          immer noch ein Krimi sein. Und da gibt es einige ganz bestimmte Ansprüche. 
          Ein Krimi muss gut geschrieben sein und einen guten Plot erzählen, 
          muss spannend und überraschend sein. Daher ist es für mich 
          nicht nur wichtig, wer es getan hat, sondern vielmehr warum. Das Motiv 
          und die psychologischen Hintergründe dafür zu entwickeln ist 
          das, was glaubwürdig und stimmig sein muss. Das Schwierigste am 
          Krimis schreiben ist für mich nicht so sehr das Erzählen der 
          Geschichte, sondern die Idee zu finden und den Plot zu entwickeln.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Deine Hauptfigur in `Ein anständiger Mord´(Titel der Originalausgabe: 
          `Paranoia´) und in `Die Robinson-Morde´, Karin Sommer, hat, 
          wie ich meine, einen sehr schwierigen persönlichen Hintergrund, 
          denkt man an den Verlust der Familie im ersten Band, an die Probleme 
          am Arbeitsplatz und daran, dass sie keine Beziehung, keinen Freund hat, 
          zu dem sie sich zurückziehen könnte. Solche Hauptfiguren - 
          egal ob sie nun Journalistin, Polizist oder Privatdetektiv oder was 
          auch immer sind -, beladen mit persönlichen Problemen, findet man 
          bei skandinavischen Krimiautoren sehr häufig. Warum gibt es nicht 
          einmal einen Ermittler oder eine Ermittlerin mit Mann oder Frau und 
          zwei Kindern zu Hause im Reihenhaus?
 
 Gretelise Holm:
 Karin Sommer hat nicht außergewöhnlich viele persönliche 
          Probleme, wie ich finde, zumindest nicht in diesem Buch, außer 
          vielleicht, dass sie schon etwas älter ist 
 (lacht). Im ersten 
          Band, Ein anständiger Mord, das stimmt, da kommt es für sie 
          vor allem gegen Ende knüppeldick. Deshalb musste ich es ihr diesmal 
          auch etwas leichter machen, denn anders hätte ich die Figur Karin 
          Sommer nur schwer weiterführen können. Zwar kann man ja nicht 
          sicher sein, dass alle Leute die Bücher in der richtigen Reihenfolge 
          lesen, aber für die, die Nummer eins gelesen haben, muss es glaubwürdig 
          sein. Deshalb habe ich hier den ebenfalls schon etwas älteren Arzt 
          an die Seite gestellt.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Ohne zu viel zu verraten könnte man behaupten, dass in `Die Robinson-Morde´ 
          wie in `Ein anständiger Mord´ die Männer nicht immer 
          den besten Eindruck hinterlassen. Sie erscheinen eher als unumgängliches 
          Beiwerk zu den starken Frauen, die im Zentrum des Geschehens stehen. 
          Glaubst du, man kann die Romane so gesehen als eine Art neuen Feminismus 
          bezeichnen?
 
 Gretelise Holm:
 Ja, das stimmt, aber auch die Frauen kommen nicht immer nur 
          gut weg. Aber es ist schon richtig, in der Darstellung der meisten Männer 
          in meinen Büchern steckt eine gehörige Portion Satire. So 
          gesehen kann man sicher von einer Form von neuem oder modernem Feminismus 
          sprechen. Alle Frauen, die in meiner Generation aufgewachsen sind, sind 
          ja ein Stück weit Feministinnen gewesen. Doch bin ich zumindest 
          mit den Jahren ruhiger geworden. Außerdem gibt es oft ja auch 
          lustige und witzige Momente im so genannten Geschlechterkampf. Als Ein 
          anständiger Mord in Dänemark erschien, regten sich einige 
          Kritiker - männliche - darüber auf, dass ich meiner weiblichen 
          Hauptfigur mit Mitte fünfzig einen ungefähr dreißig 
          Jahre jüngeren Liebhaber verpasst habe. Das habe ich mir natürlich 
          sehr zu Herzen genommen, und um deren Weltbild wieder in Ordnung zu 
          bringen, hat sie diesmal einen Verehrer, der selbst um die siebzig ist. 
          Wenn überhaupt, gibt es in Die Robinson-Morde also allenfalls einen 
          nachsichtigen, augenzwinkernden Feminismus.
 Abgesehen davon bin ich aber schon der Ansicht, dass auch heute mit 
          Gleichstellung von Mann und Frau in fast allen Ländern der Welt 
          längst noch nicht alles zum Besten steht, also aus Sicht der Frauen 
          natürlich (lacht). Und gerade zurzeit bildet sich unter den jungen 
          Frauen ja wieder so etwas wie eine Frauenbewegung, so zu sagen die Enkelinnen 
          der Rødstrømperne.1
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Eine Frage, die du ganz sicher schon öfter gehört hast: Karin 
          Sommer ist Journalistin, wie du, und sie ist Mitte fünfzig, ebenfalls 
          wie du. Wie viel Gretelise steckt in Karin?
 
 
  Gretelise Holm:Natürlich sind viele der Erfahrungen aus meiner Zeit als Journalistin 
          und auch die Art, wie und was ich denke, zum Beispiel über den 
          Journalismus, in der Figur Karin Sommer zu finden. Etwas anders ist 
          es, wenn es um die Person geht. Beispielsweise ist sie ja Single, und 
          ich bin 34 Jahre mit demselben Mann verheiratet gewesen und habe Kinder. 
          Auch habe ich als Journalistin nie in der Provinz gearbeitet, sondern 
          seit meiner Ausbildung immer in Kopenhagen. Und außerdem habe 
          ich auch keine solche schreckliche Familiengeschichte wie Karin, keinen 
          Bruder wie Karin (lacht) 
 Ich habe fünf Brüder, aber 
          keiner hat einen Mord begangen, jedenfalls noch nicht (lacht wieder).
 Aber im Ernst: Ich habe die Figur Karin ganz bewusst so angelegt, weil 
          ich erstens eben meine eigenen Erfahrungen im Journalismus einbringen 
          konnte, was mir das Schreiben sehr erleichtert hat, und zweitens, weil 
          Frauen zwischen fünfzig und siebzig in der Literatur so gut wie 
          nicht zu finden sind. Und das ist ein ganz eigenartiges Alter für 
          Frauen, weil sie zu alt sind, um sexy oder sexuell begehrenswert zu 
          sein und gleichzeitig noch nicht alt genug sind, um als liebenswerte 
          Omi zu Hause im Lehnstuhl zu sitzen. Meistens haften ihnen irgendwelche 
          Schwiegermutterklischees an, dabei sind sie oft sehr kompetent und stark, 
          sehr fleißig und gut in ihrem Job, und deshalb haben Männer 
          häufig Angst vor ihnen. Und so dachte ich, es könnte sehr 
          spannend sein, eine Frau in den Fünfzigern als Hauptfigur zu erschaffen.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Als `Ein anständiger Mord´ in Dänemark erschien, war 
          in den Zeitungen zu lesen, dass die deutschen Verlage bereits Schlange 
          standen, um die Rechte an dem Buch zu erwerben. Es war von 500.000,- 
          Kronen die Rede. Was bedeutete es für dich, dass dies so öffentlich 
          diskutiert wurde? Ich könnte mir vorstellen, dass man sich ziemlich 
          unter Druck gesetzt fühlt, nicht nur, was die Erwartungen an dieses 
          Buch, sondern auch die an den Nachfolger angeht.
 
 Gretelise Holm:
 Die Rechte wurden sogar per Auktion versteigert, und das 
          hat mich sehr gefreut und auch ein wenig stolz gemacht, denn es war 
          ja der erste richtige Kriminalroman, den ich geschrieben hatte. Und 
          er wurde ja auch nach Norwegen, Schweden und Holland verkauft. Ich bin 
          sehr froh, dass das Buch so gut lief und immer noch läuft.
 Auf der anderen Seite ist es richtig, ich fühlte mich schon unter 
          Druck gesetzt und spürte so etwas wie Versagensängste. Der 
          erste Band ist ja sehr düster, und ich habe mich lange gefragt, 
          wie ich nun den Nachfolger mit der gleichen Heldin anlegen soll. Sie 
          ist ja am Ende des ersten Buchs am Boden zerstört, und da habe 
          ich mich für eine weniger dunkle und etwas heitere Fortsetzung 
          entschieden. Der nächste Roman, an dem ich gerade arbeite, wird 
          dafür wieder sehr viel düsterer, wieder mehr ein Thriller, 
          mit ziemlich viel Blut (lacht). Es geht um Krieg und Frieden und um 
          einen dänischen Auftragskiller, der als Soldat im Irak war und 
          dort seine moralischen Skrupel verloren hat. Dänemark befindet 
          sich ja im Krieg, und als "alte" Friedensaktivistin habe ich 
          dieses Hintergrundthema natürlich aufgegriffen und in die Handlung 
          eingebaut. Tatsächlich finde ich unglaublich, was sich zurzeit 
          ereignet, und ich frage mich, warum keine neue Friedensbewegung entsteht. 
          Ich bin zu alt zum Demonstrieren. Ein Handlungsstrang läuft auch 
          nach Deutschland hinein, aber jetzt will ich auch nicht zuviel verraten. 
          In Die Robinson-Morde wird ja für einen Krimi nicht sehr viel Blut 
          vergossen, vielmehr sind sogar einige humoristische Passagen zu finden, 
          wie ich meine.
 
 
 
                  
 
                    | Buchtipp |  
                    |  |            Literaturportal schwedenkrimi.de:Schaut man sich die dänische Literatur in diesen Tagen an, könnte 
          man sagen, dass das Krimigenre nicht gerade zu den dominierenden Schwerpunkten 
          zählt, wie zum Beispiel zumindest zurzeit in Schweden oder Norwegen. 
          Es ist mehr so eine Art Hinterhof- und Tankstellenrealismus, für 
          den die dänische Literatur derzeit steht, denkt man an Autoren 
          wie Jan Sonnergaard oder Jakob Ejersbo. Was glaubst du warum der dänische 
          Krimi es im Vergleich mit Schweden und Norwegen so schwer hat, im eigenen 
          Land Anerkennung zu finden?
 
 Gretelise Holm:
 Stimmt, in Dänemark wird der Krimi nicht als Literatur angesehen. 
          Aber ich habe den Eindruck, dass sich das im Augenblick ändert. 
          Ich kann nicht genau sagen warum, aber es kommt mir so vor. Krimis werden 
          in der Presse immer öfter ernsthaft und kritisch besprochen, und 
          inzwischen gibt es jedes Jahr ein Krimiseminar in Horsens, an dem ich 
          auch teilgenommen habe. Nach und nach wird der Krimi in Dänemark 
          mehr und mehr akzeptiert, und die Anzahl an Krimiautoren nimmt ja auch 
          ständig zu. Immer mehr so zu sagen "literarische" Schriftsteller 
          schreiben sehr moderne, halbliterarische Krimis. Viele Jahre lang waren 
          dänische Krimis ja auch oft sehr einfach aufgebaut und ohne literarischen 
          Anspruch. Der große Durchbruch des modernen Krimis in Dänemark 
          war Peter Høegs Fräulein Smillas Gespür für Schnee, 
          wie ich finde, der erste literarische Krimi, wenn man so will. Vielleicht 
          kann man auch noch Dan Turèll mit hinzunehmen. Aber die Einbindung 
          von sozialen und gesellschaftlichen Problem- und Fragestellungen im 
          Kriminalroman ist bei uns noch sehr jung, jedenfalls im Vergleich zu 
          Schweden, das ja in dieser Richtung mit Maj Sjöwall und Per Wahlöö 
          viel mehr Tradition hat.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 In einem Interview mit `Politikens netavis´ aus 2002 hast du gesagt, 
          dass du irgendwann das schreiben möchtest, was andere als "richtige 
          Literatur" ansehen. Was ist das für dich, richtige Literatur?
 
 Gretelise Holm:
 Ich kann mich gar nicht erinnern, so etwas gesagt zu haben. Normalerweise 
          interessieren mich solche Unterscheidungen auch nicht besonders. Vielleicht 
          habe ich gesagt, dass ich nicht den Anspruch habe, das zu schreiben, 
          was andere als "richtige Literatur" bezeichnen. Ich schreibe 
          sehr gerne Krimis und bin sehr zufrieden damit, so eine Art "Gebrauchsliteratur" 
          zu schreiben, eine Mischung aus Handwerk und Kunst. Für mich ist 
          das "richtige Literatur", und es ist mir gleichgültig, 
          ob einige Leute das für schöngeistige oder sonst wie hochwertige 
          Literatur halten oder nicht. Das muss also ein Missverständnis 
          gewesen sein, was da in Politikens netavis stand.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 `Mercedes-Benz-Syndrom´2, mit dem 
          du 1998 den Preis der Dänischen Kriminalakadmie für das beste 
          Debüt gewonnen hast, spielt in Afrika. Du selbst hast fünf 
          Jahre lang in Zimbabwe gelebt. Henning Mankell, der so etwas wie ein 
          Pendler zwischen Mosambik und Schweden ist, hat einmal gesagt, dass 
          ihm der Abstand zwischen den beiden Ländern einen klareren Blick 
          auf das ermöglicht, was in Schweden vor sich geht. Was bedeuten 
          die Jahre in Afrika heute für dich?
 
 
 
          
            |  | 
                 
                  |  Legende |   
                  | 1 | Die roten Strümpfe;Gruppierung 
                    und Bewegung, die sich in den 70er- und 80er-Jahren in Dänemark 
                    für die Gleichstellung von Mann und Frau einsetzte. |   
                  | 2 | Noch nicht in 
                    deutscher Übersetzung erschienen |  |  Gretelise Holm:Besonders zu Beginn war es ein prägendes Erlebnis, nach Afrika 
          zu kommen. Ich fühlte mich mit einem Mal sehr dänisch, obwohl 
          ich sonst oft sehr kritisch mit Dänemark umgehe. Damals war ich 
          froh, Dänin zu sein, und es gab noch alle möglichen Gründe, 
          stolz auf Dänemark zu sein. Doch davon hat unser unterbelichteter 
          Staatsminister sehr viel kaputt gemacht, als er sich der Bush-Regierung 
          angeschlossen hat. Heute macht es mich wirklich sehr traurig, wenn ich 
          sehe, wie Dänemark sich entwickelt. Und dann ärgert es mich, 
          dass es fast keine öffentliche Debatte über unseren Kriegseinsatz 
          gibt, warum wir das tun und darüber, dass die Welt dadurch nur 
          noch unsicherer wird. Aber zurück zu Afrika und Zimbabwe.
 Als ich gemeinsam mit meinem Mann dort ankam, hatte ich zunächst 
          keine Arbeitserlaubnis, aber dann bekam ich einen Job: Ich sollte wirtschaftliche 
          und politische Analysen für das dänische Außenministerium 
          schreiben, warum es um so viele Länder in Afrika so schlimm steht, 
          wie es tatsächlich der Fall ist. Und so habe ich dann einige sehr 
          langweilige Bücher geschrieben, die nur eine Handvoll Experten 
          gelesen haben. Und da dachte ich mir: Nein, du weißt so viel über 
          Afrika und darüber, warum es so vielen Menschen hier so schlecht 
          geht. Und so kam ich auf den Gedanken, einen Afrika-Roman zu schreiben, 
          einen Entwicklungsroman, der die Zustände dort zu erklären 
          versucht. Es ist ja nicht nur ein einzelnes Problem, um das es geht, 
          sondern es ist alles sehr kompliziert. Und dann habe ich überlegt: 
          Wie kriege ich auch nur einen einzigen Dänen dazu, so ein Buch 
          zu lesen? Also habe ich einen Krimi darüber gelegt, und so entstand 
          Mercedes-Benz-Syndrom, wofür ich dann den Preis bekommen habe. 
          Und dann kamen einige Verlage und baten mich, im Krimigenre weiterzumachen 
          und eine weibliche Heldin zu verwenden. Und ich sagte: Gut, ich will 
          das versuchen, und so kam mir die Idee mit der Kriminalreporterin. Und 
          auf einmal sollten es drei oder vier Bücher sein. Jetzt arbeite 
          ich an dem dritten, und dann kommt in jedem Fall noch ein weiteres. 
          Aber ich kann mir auch sehr gut vorstellen, irgendwann auch einmal einen 
          historischen Krimi zu schreiben, denn Geschichte hat mich immer interessiert 
          und ich habe ja auch einige Schul- und Lehrbücher in diesem Bereich 
          geschrieben. Also das würde mich jedenfalls auch sehr reizen.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Besteht berechtigte Hoffnung, dass `Mercedes-Benz-Syndrom´ eines 
          Tages auch in deutscher Übersetzung erscheint?
 
 Gretelise Holm:
 Ich hoffe das auch sehr, denn auf das Buch bin ich wirklich 
          sehr stolz. Doch kommt es natürlich auch darauf an, ob Ein anständiger 
          Mord und Die Robinson-Morde vom deutschen Publikum gut angenommen werden. 
          Mit Ein anständiger Mord ist es sehr gut gelaufen, es ist kein 
          Megaseller wie Henning Mankell, aber tatsächlich sehr erfolgreich. 
          Jetzt müssen wir abwarten, wie es mit dem zweiten Buch wird. In 
          Dänemark hat es sich sehr gut verkauft, aber erfahrungsgemäß 
          muss ein dänisches Buch immer erst in Schweden und Norwegen erscheinen, 
          bevor es in weitere Sprachen übersetzt wird.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Aber ganz sicher können wir uns auf weitere Krimis mit Karin Sommer, 
          Andrea Vendelboe, Halfdan Thor und vielleicht auch mit Jørgen 
          Vad freuen?
 
 Gretelise Holm:
 Tatsächlich hatte ich überlegt, ob Karin nicht in jedem Buch 
          einen neuen Freund oder Liebhaber oder was auch immer haben sollte. 
          Aber viele Leser und vor allem Leserinnen haben mir gesagt, dass sie 
          Jørgen so sympathisch finden, dass er unbedingt dabei bleiben 
          müsse. Mal sehen, was sich da machen lässt.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Gretelise, vielen Dank für das Gespräch.
 
 Autor: Patrick Zöller
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