| Leben kann man nur vorwärts,
das Leben verstehen nur rückwärts "Der  Schwur der Engel" von Pål Gerhard Olsen
Aron Ask findet seine Frau, die Polizistin Turid,  tot im Fluß treibend. Mit dem Gesicht nach unten, eine Angelschnur um den Hals  zugezogen und ihr dichtes blondes Haar bis auf Stoppeln abgeschnitten, in zwei  dicht stehenden Bäume am Ufer verfangen. "Ich sank in mich hinein. Aber  ich drang nicht bis zu mir durch. Nicht zum Privatdetektiv Aron Ask, nicht  einmal zum privaten Aron. Ich kam nur bis zu Turid, meiner Frau. Sie war alles  für mich gewesen. Doch jetzt war sie tot, und   mir blieb nur noch eines: Ich stand in ihrer Schuld, sie hatte mir so  viel bedeutet. Die Polizisten waren fraglos ebenso motiviert wie ich, denn  Turid war im Dienst ermordet worden. Sie hatten ihren Korpsgeist. Ich meine  Liebe. Damit würden wir weit kommen. Vielleicht nicht jeder für sich, aber  zusammen." "Die Leere, die sie hinterließ, war so groß, dass ich nach  Luft schnappte. Alles schien über mir zusammenzuschlagen. Ich musste ihr ihre  Würde wiedergeben. Wenn ich lebte, dann war es ihr Leben in mir. Ihres und das  des Ungeborenen. Sie war im dritten Monat schwanger gewesen."
          
          Ask kommt schnell selber in Verdacht. Das er selbst  seine Frau gefunden hat und das man die Spule der Angelschnur in seiner Garage  findet, machen ihn verdächtigt. Er selbst hegt den Verdacht, dass er in eine Falle  gelockt worden war. Aber von wem und warum? Rache? Rache an ihm oder an Turid,  der Kommissarin? Der Mord an Turid war sicherlich kein Zufall. Ask kommt für kurze  Zeit in Untersuchungshaft aber die Indizien sind zu schwach. Eine Prostituierte  hatte ihn angerufen und um seinen Schutz gebeten. Für Ask ist klar, dass diese  unter Druck gesetzt wurde, um gegen ihn auszusagen, ihn zu belasten. Das sie  der Lockvogel für ihn war. 
 "Ich kannte doch meine verheerende Neigung dem  anderen Geschlecht zu Diensten sein zu wollen. Diese übertriebene  Ritterlichkeit, die allzu oft dazu geführt hat, dass ich selbst Prügel bezog.  Sie hatte angerufen, ich war angerannt gekommen. Manche lernen es eben  nie."
 
 Schnell begreift er, das mit ihm ein Spiel gespielt  wird, in dem ihm eine bestimmte Rolle zugeteilt war. Er hat die Vermutung, dass  der Mörder mit ihm in Verbindung treten, ihm die Hand reichen will. Über Turid  hinweg. Turid ist das Bindeglied. Aron Ask muß erfahren, dass er seine Frau  nicht kannte. Misstrauen kommt auf. Das Bild von ihr bekommt feine Risse. Sie  scheint Geheimnisse gehabt zu haben. Und er forscht nach. Taucht in die  Vergangenheit seiner Frau ein. Sucht dort nach dem Schlüssel für ihren Tod im  Fluß Aker. Und er versucht, sie so zu sehen wie sie war, und nicht, wie er glaubte,  dass sie war. Er wollte die andere Turid sehen, von der er aber nicht wußte, ob  er sie sehen wollte. Ask sucht den Ariadnefaden in ihr geheimes Leben. Und der Sturz  ins Unfassbare nimmt kein Ende. Aber dort, in der Vergangenheit von Turid, in  ihren Jugendjahren, findet er die Lösung des Falles. Und am Ende, als alles  aufgeklärt ist, fragt er sich, ob damit die Gerechtigkeit wieder hergestellt  ist. Gibt es diese überhaupt?
 
 Zentraler Bestandteil in der schöpferischen Arbeit  von Pål Gerhard Olsen ist die Frage der Identität, die Einflüsse ausfindig zu  machen und aufzuhellen, welche dazu beitragen, ein Leben zu verändern. Reicht  es, wie er im Buch schreibt: "Nur eine kleine Drehung an der mentalen  Schraube, und schon verschwindet die Trennlinie zwischen Zivilisation und  Barbarei" oder was ist es, was einen Menschen dazu bringt, ein Verbrechen zu  begehen oder sogar einen Menschen zu töten. Diese existentielle Frage  präsentiert Olsen in einer eindeutigen, handlungsbezogenen Form und mit einem sentimentalen  aber auch erotischen Geschmack. Auch in diesem Buch. Oder ist es ist die Suche  eines Mannes nach der Wahrheit und nach dem Wesen seiner Frau oder aller  Frauen?
 
 Vielen Dank an Jürgen Ruckh aus Esslingen
 © Juni 2007 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
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      | Mord aus Hoffnungslosigkeit "Das  Mädchen aus Oslo" von Pål Gerhard Olsen
Helen Lassen sorgt dafür, dass der Privatdetektiv Aron  Ask sich nicht dem Müßiggang hingeben kann. Er soll für sie einen Mann namens  Bjørn Aarhus aufspüren. Helen Lassen hat eine tödliche Krankheit und hatte mit  Aarhus vor langer Zeit eine heftige Affäre. Nun möchte sie ihn wiedersehen, um  dieses Gefühl noch einmal zu erleben. Ask nimmt den Fall an, nicht aus  Interesse, eher aus Mitleid. Ziemlich schnell spürt er ihn auf und beschattet  ihn. Und er stellt erstaunliches fest. Bjørn Aarhus wechselt ständig seinen  Wohnort. Er kam, blieb und verschwand, und das so unbemerkt, wie es ihm in seiner  jeweiligen Umgebung nur möglich war. Und er gewann die Frauen für sich. Männer  bemerkten ihn kaum, aber für Frauen besaß er eine überwältigende Anwesenheit.
 "Alle  kommen sie zu mir. Sie sehen mich nicht. Alle sehen, dass ich ein Mann bin,  aber niemand sieht, wer ich bin. Ich bin nichts. Ich mache sie froh. Ich mache  sie traurig. Ich schlage sie mit dem, was ich sage. Ich schlage mich selbst.  Ich muss alles allein machen. Niemand macht etwas für mich. Niemand macht mich  zu einem Stein."
 
 Aarhus ist ein Mann, der offenbar alles um die  Frauen herum heller macht, selbst aber in einem undurchdringlichen Dunkel  blieb. Bald stellt sich heraus, dass Aarhus ein Prostituierter ist, der sich  sein Lebensunterhalt mit Frauen verdient.
 
 Und eines morgens bekommt Ask ein Fax. Und dieses  Fax bestellt ihn zu einem Tatort und dort findet er den toten Gigolo Bjørn.  Erschlagen. Wer hat ihm das Fax geschickt? Warum gerade ihm? Und was haben die  Gedichtzeilen auf dem Fax zu bedeuten? Ask ruft die Polizei aber er nimmt den Fall  auch persönlich. Denn auch er ist von Aarhus fasziniert. Er versucht, in ihn  hinein zu schlüpfen. In seine Person. Zieht seine Kleider an, läßt sich die  gleiche Tätowierung anbringen. Ask trifft auf mehrere Frauen aus Aarhus Leben.  Judith Sagvoll, eine Kundin von Aarhus mit einem eifersüchtigen Ehemann,  Veronika, die Tochter von Helen Lassen und eine Mitarbeiterin aus einem  Tätowierstudio, die sich um Aarhus Wohnung kümmern durfte, bei dessen  Abwesenheit. Aber auch die Männer von Helen Lassen und Veronika nimmt er ins  Visier. Und als Morten Rønnow, der Ehemann von Veronika, plötzlich den Mord gegenüber  Ask gesteht, scheint der Fall gelöst. Doch bevor Morten sein Geständnis bei der  Polizei wiederholen kann, wird auch er ermordet. Und wieder wird Ask per Fax  zum Tatort gerufen. Ihm kommt ein schlimmer Verdacht.
 
 
  Wieder ist die Frage aller Fragen: Warum? Wer ist  bereit zu töten, was bringt jemanden dazu, die Grenze zu übertreten? Geschah es  aus Liebe, ein Liebesmord? Ein Mord aus Hoffnungslosigkeit? Ein Mord, der aus  einer unmöglichen Liebe entstand oder aus Hass. Oder weil Liebe und Hass Hand  in Hand gehen? Der Roman ist ein Psychothriller, in dem es auch um dunkle  Familiengeheimnisse geht. Das "Oslo-piken", das Oslomädchen des  Titels, ist zum einen Turid Janke, die Kommissarin, in die sich Ask im Laufe  der Geschichte verliebt, und die wir in "Der Schwur der Engel" wieder  begegnen und Veronika Lassen. Für den Bergener Ask sind alle Oslomädchen etwas  besonderes, die morbiden, heißblütigen, gefallenen Mädchen aus Oslo. 
 Olsens Detektiv Aron Ask ist seit dem Jahre 1987  aktiv. Erst in Bergen und dann siedelte er nach Oslo über. 1987 schrieb Olsen  den ersten Roman über Aron Ask "Mørk april" (Dunkler April). Aron Ask  begann seinen Werdegang als ein traditioneller, hard-boiled und ironischer  Schnüffler in der Manier von Raymond Chandlers Philip Marlowe. Aber nach ein  paar Romanen machte Ask ein paar erhebliche Veränderungen durch. Allzu viele  Kriminalromane präsentieren eine statische Sicht der zwei Seiten, seinen Helden  und seinen Schuft, ein schwarz weiß Bild, welches verständlich und  zweckdienlich ist, aber nichtsdestotrotz nicht im Einklang mit der Realität  ist. Alles in allem eine unbefriedigende Aufbereitung der Gesellschaft, in der  sich Aron Ask bewegt. Die Lösung des Problems für Pål Gerhard Olsen liegt nun  darin, Aron Ask vielschichtiger zu machen, als ein Mann mit "dunkleren"  Charakterzügen in seiner Seele, welcher auf Grund seiner nicht "heiligähnlichen"  Gestalt in der Lage ist, sich tiefer in die Geheimnisse zu graben, auf deren  Lösungen er angesetzt ist. Ein gutes Beispiel für seine neue, selbstverpflichtende,  möglicherweise aber auch selbstzerstörerische Haltung, ist der Roman "Rødt  regn" (Roter Regen) von 1992, welcher auch der letzte Roman ist, der in  Bergen spielt. Ask hat seitdem Oslo zu seiner Heimatstadt gemacht. Jedes  einzelne Vorkommnen eines Verbrechens hat einen psychologischen Kern, daher  könnte eine typische Äußerung aus dem Munde von Aron Ask sein, dass "meine  einzig gültige Bezugsquelle von Bedeutung der menschliche Verstand in all  seiner atemberaubenden Vielfalt" ist. Und so wird er zu einem ziemlich  ausgewogenen Ermittler aber er bleibt immer noch etwas besonderes - ein Mann,  abseits im Geschäft des Todes.
 
 Vielen Dank an Jürgen Ruckh aus Esslingen
 © Juni 2007 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
 
 
 
                  
 
                    | Buchtipp |  
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