|  "Villa Europa" von Ketil Bjørnstad
Ketil Bjørnstad war mir als Musiker bekannt. 
          Dann fiel mir in der Buchhandlung der Roman "Villa Europa" 
          auf und ich stellte ichüberrascht fest, daß der Autor Ketil 
          Bjørnstad ist. Meine Neugier war geweckt, das Buch nahm ich mit. 
          Und ich bin froh darüber. Was für ein Roman!! Ich konnte das 
          Buch kaum aus der Hand legen. Bjørnstad entwirft detailreiche 
          Panoramen, ein europäisches, ein familäres, ein sozialkritisches, 
          ein politisches usw. Dabei versteht er es, diese Panoramen meisterlich 
          miteinander zu verweben. Mittelpunkt und Zentrum des Romans ist die 
          "Villa Europa", eingerichtet von einer Frau, die von jetzt 
          auf gleich ohne jegliche Vorwarnung  von ihrem Mann verlassen wird, der durch Europa reist. 
          Sie "reist" mit ihm, indem sie für jedes Land, das er 
          besucht und aus dem er ihr schreibt, ein Zimmer einrichtet. Eine geniale 
          Idee, denn die Villa wird im Laufe der Zeit tatsächlich zu einer 
          Art "Mini-Europa" und zum Anlaufpunkt für Flüchtlinge 
          und Asylanten. Was mich sehr beeindruckt hat an diesem Roman sind die 
          Frauengestalten, die so überzeugend und eindrücklich geschildert 
          sind, daß man kaum glauben mag, daß tatsächlich ein 
          Mann das alles geschrieben hat, zumal die Männer, die ebenfalls 
          reichlich im Roman auftauchen, größtenteils eher verträumte, 
          schwache oder gescheiterte Figuren sind. Im Grunde ist der Roman auch 
          eine großartige Hommage an die Frauen. Dabei verschweigt Bjørnstad 
          nicht, daß auch Frauen scheitern und versagen können. Anhand 
          der verschiedenen Hauptpersonen, des Romans - denen je ein Kapitel gewidmet 
          ist - entwirft Bjørnstad auch Lebenskonzepte und verfolgt wohin 
          sie führen (können) bzw. ob esüberhaupt Sinn macht, solche 
          Konzepte aufzustellen, weil das Leben doch seine eigenen Wege geht. 
          Sehr interessant auch, wie manche Dinge bzw. Erlebnisse sich in den 
          verschiedenen Generationen wiederholen."Villa Europa" ist 
          aber auch eine scharfe Kritik gegenüber denen, die sich in Europa 
          und der Welt in ihren guten Verhältnissen einrichten und nicht 
          um diejenigen kümmern, denen es schlechter geht. Bjørnstad 
          macht deutlich, daß Europa nicht von oben verordnet werden kann, 
          daß alle Gesetze und alles Handeln der Obrigkeit, ein echtes und 
          auf lange Zeit stabiles Europa nicht schaffen können, sondern daß 
          der Einzelne gefordert ist, seinen Beitrag zu leisten, sich derer anzunehmen, 
          denen er helfen kann. Und Bjørnstad läßt keinen Zweifel 
          daran, daß es in Europa und der Welt viele Menschen gibt, die 
          auf Hilfe angewiesen sind. Es gäbe noch vieles, was ich hier anführen 
          könnte, wichtige Themen, die im Roman auftauchen und zum Nachdenken 
          anregen. Man könnte meinen, das alles sei ein bißchen viel 
          gewollt für nur einen Roman, aber Bjørnstad schafft das 
          Kunststück, den Roman nicht zu überfrachten und dieses Gefühl 
          des "zuviels" beim Leser gar nicht erst aufkommen zu lassen. 
          Auf jeden Fall ist es ihm gelungen einen für meine Begriffe herausragenden 
          Roman zu schreiben. Meine Empfehlung: Unbedingt lesen!Vielen Dank an Liisa © Juli 2004 
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