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                  | Håkan Nesser - Foto: Sebastian Bielke/schwedenkrimi.de |  |   
            |  |  Mit gesundem Pessimismus durchs LebenZehn Fälle in zehn Jahren, und nur einer blieb 
          ungeklärt: Der Fall G., Van Veeterens letzter Fall, liegt seit 
          August auf Deutsch vor und bringt zum unwiderruflich letzten Mal Licht 
          in dunkle, Maardamer Verbrechen. Håkan Nesser erweist seinem großen 
          Kommissar mit einer Lesereise zu "Sein letzter Fall" die Ehre 
          und erklärt im Interview mit dem Literaturportal schwedenkrimi.de, 
          wie man auch als Pessimist glücklich werden kann.
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 "Sein letzter Fall" ist der letzte von zehn Romanen über 
          Van Veeteren. Werden Sie ihn vermissen?
 
 Håkan Nesser:
 Also, ich bin mit der Trennung ganz gut zurecht gekommen. Die Leser 
          scheinen die Trennung dagegen nicht so gut zu verkraften, jedenfalls 
          nicht in Schweden. Ich habe viele Briefe bekommen, in denen stand, dass 
          es doch noch ein wenig weitergehen sollte mit Van Veeteren. Aber es 
          wurden gerade einige der Van Veeteren Bücher verfilmt, sodass er 
          uns die nächsten Jahre noch auf die eine oder andere Art erhalten 
          bleiben wird.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Wie hat sich Van Veeteren, in den zehn Jahren, in denen Sie mit ihm 
          gearbeitet haben, verändert?
 
 Håkan Nesser:
 Es geht ihm nun eigentlich besser als zu Beginn. Da war er sehr schwermütig 
          und deprimiert. In Buch Nummer sieben - Carambole - verliert er seinen 
          Sohn, was ihn schwer getroffen hat. Aber in "Sein letzter Fall" 
          geht es ihm eigentlich ganz gut. Er hat etwas gelernt vom Leben.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Hat das auch etwas damit zu tun, dass er ein Muster in seinem Leben 
          gefunden hat - ein Thema, das in all Ihren Büchern immer wieder 
          auftaucht.
 
 Håkan Nesser:
 Ja, das glaube ich schon. Er hat ja jetzt auch eine neue Frau und er 
          ist nicht mehr bei der Polizei, sondern sitzt in seinem Antiquariat 
          und lässt es sich gut gehen.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Ist das vielleicht ein Tipp für alle anderen ausgebrannten Kommissare 
          wie z.B. Wallander, den Polizeiberuf an den Nagel zu hängen?
 
 Håkan Nesser:
 Ja, absolut! Es ist viel angenehmer, Buchhändler zu sein.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Sind Sie Van Veeteren denn mal so richtig leid geworden in den zehn 
          Jahren?
 Håkan Nesser:Nein, überhaupt nicht. Vielleicht, wenn ich noch fünf weitere 
          Bücher geschrieben hätte, aber so verspüre ich großen 
          Respekt ihm gegenüber. Er ist sehr viel klüger als ich und 
          versteht, wie Dinge zusammenhängen.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Was war denn das lustigste Erlebnis, das Sie mit ihm hatten und welches 
          das traurigste?
 
 Håkan Nesser:
 Das traurigste Erlebnis für Van Veeteren ist sicherlich, als Münster 
          im siebten Buch an seine Tür klopft und ihm erzählt, dass 
          sein Sohn tot ist, dass er ermordet wurde. Das war sicher mit Abstand 
          das Schrecklichste, was Van Veeteren passiert ist. Das lustigste Erlebnis
, 
          da fällt mir eigentlich keins ein
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Ja, er hat nicht gerade viel zu lachen in diesen zehn Bänden
 
 Håkan Nesser:
 Nein, wohl war, aber gleichzeitig nähert er sich einer Art Balance 
          im Leben. Man muss nicht Optimist sein, damit es einem gut geht. In 
          "Sein letzter Fall" sitzt er mit Bausen zusammen, spielt Schach 
          und trinkt Wein, und da geht es ihm eigentlich ganz gut. Ich finde, 
          er hat einen ganz gesunden Pessimismus.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 In "Sein letzter Fall" ist Van Veeteren nahe dran, zu sterben. 
          Haben Sie, während Sie an dem Roman schrieben, jemals daran gedacht, 
          ihn sterben zu lassen?
 
 Håkan Nesser:
 Nein, niemals. Er sollte dem Tod zwar so nahe wie möglich kommen, 
          aber am Leben bleiben. Ich wollte den Schluss genauso haben, wie er 
          jetzt ist: klassisch, der Held ist in Lebensgefahr, kommt aber mit dem 
          Leben davon.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Und wie ist das mit Ihnen? Sind Sie in den zehn Jahren, in denen Sie 
          an Van Veeteren schrieben, einer Lösung der Gleichung und einem 
          Muster in Ihrem Leben näher gekommen?
 
 Håkan Nesser:
 Ja, das glaube ich eigentlich schon. Als ich anfing, zu schreiben, war 
          ich sehr viel verwirrter als heute. Heute ist mein Leben harmonischer. 
          Das hat sicher auch damit zu tun, dass ich mich vor fünf Jahren 
          habe scheiden lassen und nun zum zweiten Mal verheiratet bin. Heute 
          gibt es eine Harmonie in meinem Leben, die es vorher nicht gab.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Auch Ihren Romanen merkt man eine harmonische Ordnung an. Sie sind alle 
          sehr durchdacht, wirken wie eine große Komposition, wo alles an 
          seinen Platz fällt. Haben Sie bereits eine genaue Vorstellung und 
          einen genauen Plan von dem, was Sie schreiben werden, bevor Sie anfangen 
          oder ist es mehr eine Art Prozess, der während des Schreibens stattfindet?
 
 Håkan Nesser:
 Nein, eigentlich habe ich keine so großen Pläne, wie die 
          Leute oft glauben. Aber ich habe schon oft gehört, dass es so wirkt. 
          Ich denke aber, dass jede Erzählung eine bestimmt Aufgabe hat. 
          Als Schriftsteller muss man der Erzählung trauen. Wenn man so ungefähr 
          fünfzig Seiten geschrieben hat, dann glaubt man wirklich, dass 
          es da irgendwo die Erzählung, einen Erzähler und verschiedene 
          Personen gibt. Aber man muss der Erzählung vertrauen, darf nichts 
          dazu erfinden, sondern Vertrauen bewahren. Dann fallen die Puzzlestücke 
          wie von alleine an die richtige Stelle. Es gibt ein Muster, aber nicht 
          ich als Schriftsteller erschaffe es, sondern das entwickelt sich während 
          der Arbeit an dem Roman, auf eine Art und Weise, die ich selbst nicht 
          richtig verstehe. Aber ich muss es auch nicht verstehen. Das geschieht 
          wie von alleine.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Das hat etwas Unbewusstes und Transzendentales. Auch das ist eigentlich 
          ein wiederkehrendes Thema in Ihren Büchern. Dort ist immer wieder 
          von dem "großen Regisseur" die Rede. Glauben Sie an 
          Gott?
 
 Håkan Nesser:
 Ich war immer Agnostiker. Doch je älter ich werde, desto mehr glaube 
          ich an Gott - ob man ihn dann Gott oder Regisseur oder Choreograf nennt, 
          spielt keine Rolle. Ich gehe aber nicht in die Kirche und bin auf diese 
          Art gläubig. Aber ich habe vier Kinder und habe es vielleicht auch 
          mit der Zeit gelernt, an Gott zu glauben. Ich habe jedenfalls nichts 
          dagegen, wenn es ihn gibt.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Eingangs erwähnten Sie schon, dass einige der Van Veeteren Romane 
          verfilmt wurden. Auch zu "Kim Novak badetet niemals im See von 
          Genezareth" haben in diesem Sommer Filmaufnahmen stattgefunden. 
          Waren Sie bei den Dreharbeiten dabei?
 
 Håkan Nesser:
 Ja, stimmt. "Kim Novak" wurde diesen Sommer fertig eingespielt. 
          Ich habe zusammen mit dem Regisseur das Filmmanuskript geschrieben, 
          aber dann konnte ich eigentlich nur noch zusehen. Ich verstehe ja nichts 
          vom Film. Die Van Veeteren Verfilmungen haben im September begonnen 
          und werden im März nächsten Jahres abschließen.
 
 Literaturportal schwedenkrimi.de:
 Wie verändern sich eine Erzählung und ein Protagonist, wenn 
          sie plötzlich verfilmt werden?
 
 
 
                  
 
                    | Buchtipp |  
                    |  |            Håkan Nesser:Autorin:Beide verändern sich eigentlich sehr stark. Man muss so viel weglassen. 
          Dann darf es auch nicht so kompliziert sein wie in den Romanen. Einen 
          Roman zu verfilmen, besteht also vor allem aus der Kunst, das Richtige 
          wegzulassen. Film und Buch sind ja zwei verschiedene Medien und man 
          kann nicht auf die gleiche Weise erzählen, aber man hofft, dass 
          man dennoch dieselbe Tonalität wie im Roman trifft. Als Schriftsteller 
          heißt es, hier loszulassen und Regisseur und Schauspielern zu 
          vertrauen.
 Alexandra Hagenguth/
 © Oktober 2004 - Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur 
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